Tarifeinigung im öffentlichen Dienst: Wirtschaftlich verkraftbarer Abschluss - Pflegekräfte profitieren überdurchschnittlich
25.10.2020
Entgelterhöhungen in Höhe von 3,2 Prozent für 28 Monate/Langfristige Planungssicherheit erreicht/Corona-Prämie von durchschnittlich 400 Euro für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst
Berlin. In der dritten Tarifverhandlungsrunde für die rund 2,3 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und ihr Verhandlungspartner, der Bund, gemeinsam mit den Gewerkschaften ver.di und dbb beamtenbund und tarifunion ein Ergebnis erzielt.
Zum 1. April 2021 werden die Tabellenentgelte um 1,4 Prozent, mindestens jedoch um 50 Euro, erhöht und ab dem 1. April 2022 um weitere 1,8 Prozent. Die Beschäftigten in den Krankenhäusern und den Pflege- und Betreuungseinrichtungen profitieren darüber hinaus von bis zu drei Zulagen: So haben die Arbeitgeber die Einführung einer Pflegezulage vereinbart. Diese beträgt ab dem 1. März 2021 70 Euro, ein Jahr später wird sie auf 120 Euro aufgestockt. Die monatliche Intensivzulage wird ab dem 1. März 2021 von 46,02 Euro auf 100 Euro angehoben und damit mehr als verdoppelt. Zugleich wird die Zulage für Beschäftigte, die ständig Wechselschicht leisten, ab dem 1. März 2021 von 105 Euro monatlich auf 155 Euro monatlich erhöht. Damit erhält eine Pflegekraft bis Laufzeitende insgesamt ein Plus von durchschnittlich 2.700 Euro, eine Intensivpflegekraft sogar durchschnittlich 3.900 Euro. Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 28 Monaten und gilt rückwirkend vom 1. September 2020 bis zum 31. Dezember 2022. Die ersten sieben Monate sind als Leermonate vereinbart.
Dazu erklärt VKA-Präsident und Verhandlungsführer Ulrich Mädge: "Nach einem Verhandlungsmarathon von vier Tagen haben wir endlich ein Ergebnis erzielt. Dabei haben wir einen wirtschaftlich verkraftbaren Abschluss erreicht, der den kommunalen Arbeitgebern Planungssicherheit gibt. Der Abschluss ist maßvoll und trägt den finanziellen Besonderheiten der Corona-Krise Rechnung. Uns war es wichtig, dass die Beschäftigten in den Krankenhäusern und in der Pflege überdurchschnittlich profitieren. Ich bin froh, dass wir für diese Beschäftigtengruppe weitreichende Verbesserungen erzielen konnten. Gleichermaßen war wichtig, für einzelne Bereiche der VKA Sonderlösungen zu vereinbaren, nämlich für die Sparkassen und die Flughäfen. Das ist uns gelungen. Insgesamt umfasst das Paket ein Volumen von rund 4,9 Milliarden Euro."
Auszubildende, Studierende und Praktikantinnen/Praktikanten erhalten eine Entgelterhöhung von 25 Euro ab dem 1. April 2021 sowie eine weitere Erhöhung um die gleiche Summe ab dem 1. April 2022, zudem wird die Regelung zur Übernahme von Auszubildenden verlängert. Alle Beschäftigten sowie die Auszubildenden, Studierenden und Praktikantinnen/Praktikanten erhalten zur Abmilderung der besonderen Belastungen während der Corona-Pandemie eine nach Entgeltgruppen gestaffelte Sonderzahlung von durchschnittlich 400 Euro. Zudem profitieren die Fachärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst ab dem 1. März 2021 von einer Zulage in Höhe von monatlich 300 Euro. Die Angleichung der Arbeitszeit im Tarifgebiet Ost auf das Westniveau von 39 Stunden erfolgt in zwei Schritten in 2022 und in 2023. Für die Beschäftigten in den Krankenhäusern und im Pflegebereich greift diese Regelung erst ab 2023. Der abschließende Schritt zur Angleichung auf 38,5 Stunden ist im Jahr 2025 vorgesehen. Um die Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst attraktiv zu halten, konnten die kommunalen Arbeitgeber ihre Forderung zur Entgeltumwandlung für Fahrräder und eBikes durchsetzen.
Die Verhandlungen fanden in diesem Jahr vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie statt, die für die Kommunen und kommunalen Arbeitgeber finanzielle Auswirkungen in Milliardenhöhe hatte und weiterhin haben wird. Aus diesem Grund hat sich die VKA für einen differenzierten Tarifabschluss eingesetzt, der unter anderem die schwierige Situation der Sparkassen und Flughäfen einbezieht. Für die rund 175.000 Sparkassenbeschäftigten sieht der Tarifabschluss eine Entgelterhöhung vor (ab 1. Juli 2021 um 1,4 Prozent, mindestens jedoch 50 Euro sowie zum 1. Juli 2022 um weitere 1,0 Prozent, eine Angleichung auf das Niveau des allgemein vereinbarten Abschlusses findet erst zum Ende der Laufzeit ab 1. Dezember 2022 statt), allerdings wird ein Teil der Kosten durch eine Absenkung der Sparkassensonderzahlung bei zusätzlicher Gewährung weiterer Urlaubstage kompensiert. Für die angesichts eingebrochener Fluggastzahlen mit massiven Verlusten konfrontierten Flughäfen haben sich die Beteiligten verständigt, auf Entgelterhöhungen in diesem Bereich zu verzichten. Das Tarifergebnis sieht vor, einen Notlagentarifvertrag für die Flughäfen zeitnah abzuschließen, der Personalkosten senkt und betriebsbedingte Kündigungen ausschließt.
Ulrich Mädge weiter: "Für die Flughäfen bedarf es nun einer Entlastung statt zusätzlicher Belastungen. Hier haben wir uns mit den Gewerkschaften geeinigt, die Notlage der Flughäfen zu unterstützen und betriebsbedingte Kündigungen im Gegenzug zu vermeiden. Alles in allem haben wir einen Abschluss erreicht, der von allen Beteiligten mitgetragen wird. Mit Corona im Hinterkopf war nicht mehr möglich."